Die Schlacht bei Spichern am 06.August 1870


Als die Vorausabteilung der 14. Division über die Saar-Brücken marschierte und auf die Höhen ausschwärmte, so geschah dies, um den nachfolgenden Einheiten eine sichere und schnelle Flussüberquerung zu ermöglichen. Die Franzosen auf der anderen Seite des Tals feuerten auf jede sich zeigende Ansammlung. Selbst neugierige Zivilisten mussten öfters wieder vor Granaten flüchten. Die Entscheidung des Divisionskommandeurs General v.Kamecke mutet daher im Nachhinein schwer nachvollziehbar an: Er glaubte, die Franzosen befänden sich in vollem Rückzug und es seien lediglich Nachhuten, die diesen Rückzug von den Höhen her deckten! Er hatte sich der Unterstützung weiterer Einheiten versichert und will ohne genaue Aufklärung und ohne genaues Wissen über die Stärke des Gegners “diesem noch eins hintendrauf geben und sie laufen lehren”. Die Schlacht wurde aus Ungeduld des verantwortlichen Führers und ohne ausreichende Aufklärung so mit leichter Hand eröffnet.

Die französischen Stellungen sahen wie folgt aus: die Franzosen hielten rechts den Ort Stieringen, daneben im Zentrum den bastionsartigen “rothen Berg”, sowie links die anknüpfenden, steilen, bewaldeten Bergrücken von Gifert-und Pfaffenwald. V.Kamecke sparte den Angriff auf den rothen Berg zunächst aus, weil der Sturmlauf über wenigstens 1000m ungedecktes Gelände auf mehrere Etagen Schützengräben unter dem stetigen Feuer des weittragenden Chassepotgewehrs der französischen Infanterie nur unnötige Opfer verschlingen musste. Er griff daher erst die Flanken an und befahl den Angriff von jeweils 2 Bataillonen rechts und links des rothen Berges. Die Abteilung links konnte in dem steilen, bewaldeten Gebieten des Pfaffenwaldes tatsächlich Fuss fassen und eine unterlegende Abteilung Franzosen von der Kante des Höhenzuges vertreiben. Dort scheuchte sie jedoch die ganze 3. Französische Division auf, die dort gelagert hatte und sich nun zum Gegenangriff anschickte. Auf der rechten Seite nach Stieringen hin konnte auch bis an die Dorfgrenze vorgestossen werden, bis sich auch dort eine ganze Divison zum Gegenangriff bereit machte.

V.Kamecke traf nun die nächste Fehlentscheidung, indem er glaubte, aufgrund der Vorstösse seien die französischen Flanken geworfen und das Zentrum am rothen Berg sturmreif. Er gab somit gegen 12 Uhr mittags den Befehl zum Strumangriff und die restlichen 1500 Mann des 39. und 74 Inf. Regiments machten sich zum Sturmlauf bereit. Die Stellungen der Franzosen am rothen Berg waren stark befestigt, der Abhang auch besonders steil. Dass es den beiden Regimenetern unter entsetzlichen Verlusten auch tatsächlich gelang, zumindest den ersten Schützengraben an der Bergkante einzunehmen und zu halten zeugt von besonderer Tapferkeit. Der General v. Francois, der diesen Angriff leitete, fiel von 5 Kugeln getroffen in diesem Kampf an der Spitze seiner Männer.

Doch die beiden alarmierten französischen Divisonen griffen nun mit Übermacht in den Kampf ein. Am linken Flügel wurden die Preussen aus dem Paffen- und Gifertwald gefegt. Die Reste der beiden Bataillone mussten bis zum Winterberg zurückgehen.

Bei Stieringen wurden die Angreifer ebenfalls durch den Wald bis zum Drahtzugweiher zurückgeworfen. Lediglich im Zentrum am rothen Berg konnten sich die Preussen unter Aufbietung aller Resreven halten. Als um 16 Uhr die kommandierenden Generale des VII, VII und III preusischen Korps bei Saarbrücken eintrafen, fanden sie eine fast verlorene Schlacht vor. V. Kamecke gab Meldung: “Von einem Eingreifen in die Schlacht ist keine Rede mehr, sie müssen das Gefechtvon neuem beginnen.” Wieder wurden fast 14.000 Mann auf die Flanken angesetzt. Die Höhen links des rothen Berges wurden wieder eingenommen, sowie rechts die Franzosen wieder bis an die Häusergrenze von Stieringen zurückgedrängt. Das 77. Regiment stürmte auch die Häusergruppe an der goldenen Bremm.

Weitere Vorstösse blieben jedoch im Chassepot- und Mitrailleusenfeuer liegen. Den Preussen gelang es nur noch, eine brandenburgische leichte Batterie den roten Berg hinaufzuschaffen und dort den abgekämpften preusischen Kompagnien Hilfe zu leisten…eine viel gerühmte Tat. Nach 17 Uhr wandte sich das Blatt erneut. Zwei französische Divisionen kamen aus Oettingen heran und wurden sofort auf die bedrohten Flügel geworfen. Während sich an den bewaldeten Abhängen die Preussen halten konnten, mussten sie sich rechts von Stieringen wieder zurückziehen und wurden wieder bis zum Drahtzugweiher zurückgeworfen.

In diesem Augenblick kam die preussische 13. Divison hinter der französischen Linie auf Forbach angerückt. Während dort eine kleine Handvoll aus Zusammengewürfelten versuchte, den preussischen Vormarsch auf Forbach aufzuhalten, telegraphierte General Frossard an Oberbefehlshaber Marshall Bazaine in St. Avold: “Wir sind von Wehrden aus umgangen, ich bringe meine ganze Macht auf die Höhen”. Das kündigte den Rückzug an.

Marschall von Frankreich: François-Achille Bazaine


Der bei Stieringen auf dem Vormarsch befindliche französische Flügel wurde sofort gestoppt und in Richtung Spichern zurückgeschickt, da er sonst unweigerlich abgeschnitten worden wäre. In der Zwischenzeit trafen immer neue preussische Truppen ein. General v. Alvensleben sammelte derweil eine Infanteriemasse von über 5000 Mann bestehend aus dem Leibgrenadierregiment Nr.8, dem 3. Jägerbataillon, dem 52. Inf. Regiment und dem Füsilierbataillon des 12. Regiments. Dieser Streitmacht unter General v. Schwerin befahl er in der untergehenden Sonne im Zentrum am rothen Berg vorzurücken, um die Franzosen vom Forbacher Berg endgültig zu werfen und die Schlacht endlich zugunsten der Preussen zu entscheiden.

Die Truppen erstiegen den roten Berg in Höhe der Goldenen Bremm und stürmten, die “Wacht am Rhein” singend unter grossen Verlusten diese Stellung der Franzosen.

Während sich der französische linke Flügel von Stieringen in Richtung Forbacher Berg sowieso schon zurückzog, versuchten die restlichen französischen Einheiten, die der letzte preussische Angriff am Forbacher Berg traf, den ohnehin drohenden Rückzug nur verbissen zu verschleiern. Bis spat in die Nacht hinein setzten sich französische Nachhuten in Stieringer- und Forbacher Häuserkämpfen tapfer ein und wurden geopfert. Eine Verfolgung der Franzosen unterblieb, obwohl 5 preussische Kavallerieregimenter hinter der Kampflinie untätig bereitstanden. Sie hatten in dem bergigen Gelände und in den Häuserkämpfen bei Stieringen nicht eingesetzt werden können. Obwohl mit dem braunschweigischen Husarenregiment zumindest der Versuch gemacht wurde, in das Schlachtgeschehen einzugreifen. 2 Offiziere, 19 Hussaren und 32 Pferde starben ohne dem Feind Schaden zugefügt zu haben bei dem vergeblichen Bemühen, die steilen Hänge zu erklimmen. Artillerie und Infanterie waren durch die tagelangen Märsche und das anstrengende, den ganzen Tag über andauernde Gefecht abgekämpft und zu keinen weiteren Aktionen fähig. Marschall Bazaine war unterdessen nicht untätig gewesen und schickte seine 4 Divisionen von St. Avold aus General Frossard entgegen, um die Zurückgehenden aufzunehmen. Der Ausgang der Schlacht scheint strittig. Zwar befanden sich die Franzosen auf dem Rückzug, das Schlachtfeld wurde von den Preussen behauptet, doch war es maximal ein taktischer Sieg. Die französische Armee wurde nicht zerschlagen.