Nach dem Krieg 1870-71: Umzug nach Saarlouis

 

(Rechts ein Bild eines einfachen Soldaten in damaliger Uniformierung, Rückenaufschrift: Atelier Heinz Hermestroff,Silberherzstr. N°11; links ein Unteroffizier oder Portepeefähnrich der 30er).

Am 28.März 1871 traf das Regiment in seiner neuen Garnison Diedenhoven ein, der Friedensdienst brach an, obwohl das Regiment noch einige Monate in Kriegsformation blieb. Erst am 10.Juni trat die Demobilmachung ein. Diedenhoven war ein Schutthaufen, den ersten Eindruck der neuen Garnison fasste Nachtigall zusammen in dem einen Wort:”Scheußlich” Es war unmöglich, das ganze Regiment dort vereinigt unterzubringen. Im Herbst wurde das Füsilier-Bataillon somit nach Trier verlegt. Trier war damals noch ganz Kleinstadt, seine Verhältnisse mit den heutigen kaum zu vergleichen, seine Bevölkerung zurückhaltend und dem geselligen Verkehr wenig geneigt. Doch Diedenhoven wurde allmählich zur behaglichen Bleibe umgewandelt.

Ab 1876 wurde dann das Regiment nach Saarlouis verlegt. Am 03. April 1876 zog es mit klingendem Spiel in Saarlouis ein und bezog komfortable Unterkunft in der Kaserne VI. Die Kaserne existiert heute noch in der Innenstadt und beherrbergt die Polizei, sowie das Stadtmuseum.

Die 30er wurden ein fester Bestandteil des täglichen Lebens in Saarlouis. Täglicher Wachwechsel an den Toren, Denkmäler, Paraden und Platzkonzerte bereicherten das Stadtbild.

Hier ein Bericht zum Wachwechsel:"Da das Saarland so nah an der Grenze lag, wurde dann auch der Festungsdienst mit der äußersten Strenge ausgeübt. Am Morgen bei der Reveille begab sich der Leutnant der Ronde auf die Hauptwache und holte sich einen Gefreiten und vier Mann und den Schlüsselmajor, einen ausgedienten Unteroffizier, mit dem er sich nach der gegenüberliegenden Kommandantur begab. Der Offizier stieg mit dem Schlüsselmajor die Treppe hinauf und nahm die Schlüssel der Festung aus ihrem Verwahrort. Sie waren in zwei Ledersäcken enthalten, davon jeder die Schlüssel für eine der beiden Tore enthielt.
Die hing der Mann sich so um, dass einer auf der rechten, der andere auf der linken Seite war.

Der vorangehende Offizier zog den Degen und sobald die Schlüssel sich der Patrouille näherten, kommandierte der Gefreite oder Unteroffizier: "Achtung!Präsentiert´s Gewehr!". Damit stellte sich der Schlüsselmajor in die Mitte der vier Mann. Den Leutnant an der Spitze, begab man sich an das Tor. "Halt! Wer da?" "Schlüssel!" "Heraus!" "Achtung! Präsentiert´s Gewehr". Die Schlüssel sind deshalb für eine Festung, was die Fahne für ein Regiment ist: Das Symbol der höchste Ehre."

 

 

Auch für die Saarlouiser Wirtschaft war die Verlegung ein Gewinn...Handwerker bekamen Aufträge, die Gaststuben und Wirtshäuser erfreuten sich bis zum Zapfenstreich eines gesteigerten Andrangs und als Garnisonstadt musste auch die umliegende Infrastruktur entsprechend angepasst werden. Auch wenn dies dann die Aufgabe und Schleifung der Festungswerke bedingte.

Ab 1889 führte das Regiment dann endlich offiziell die Bezeichnung mit dem Namen seines Chefs:

4. Rheinisches Infanterie-Regiment Graf Werder Nr. 30.

Auf von Nachtigall folgten als Kommandeure : 1875 von Einecke, 1878 von Schon, 1880 von Tschischwitz, 1883 Streccius, 1888 Bothe, 1890 Gissot, 1894 Dühring, 1897 Dreising, 1901 Butzler und Griepenkerk.

Im Zuge der Heeresvergrösserungen mussten einige Kompagnien zu neuen Regimentsgründungen abgegeben werden. So kam am 01.04.1881 die 8.Kompagnie zum Infanterieregiment 130 und am 01.04.1887 die 6.Kompagnie an das Infanterieregiment 65. Am 01.Oktober 1890 erhielt das Infanterieregiment 145 die 9.Kompagnie als Verstärkung.

 

Ursprünglich war das Regiment in 3 Bataillone unterteilt. Das 1. und 2. als normale Linien-Musketierbataillone, das 3. als Füsilierbataillon (leichte Infanterie). Das 3. Füsilier-Bataillon wurde am 04.Januar 1889 in ein normales Bataillon umgewandelt. Im Zuge der Heeresvermehrung 1894 wurde ein viertes Halb-Bataillon aufgestellt, das jedoch am 1. April 1897 wieder zur Aufstellung des Infanterie-Regiments Nr. 161 abgegeben wurde. Das Regiment gehörte 1890 zur 32. Infanterie-Brigade, 16. Division im VIII. Armee-Korps, wurde jedoch 1910 zur 86. Infanterie-Brigade, 34. Division, im XVI. Armee-Korps untergliedert. Es hatte ab diesem Zeitpunkt dann gelbe Schulterklappen und einen gelben Vorstoss an der Ärmelpatte. Im 1. Weltkrieg gingen Glanz und Glorie in den Schützengräben verloren. Das Regiment wurde bei der Marneschlacht 1914, in den Argonnen/Champagne 1915, bei Verdun 1916 (dort wurde das 1. Bataillon fast vernichtet) und dann 1917/18 in Lothringen, wieder Argonnen und in Flandern eingesetzt. Am 5. Oktober 1918 wurden das I. und III. Bataillon bei Montbrèhain dann nahezu vernichtet. Aus den Resten konnte nur noch eine Kompanie in einer Gesamtstärke von 60 Mann gebildet werden. Nach dem 1. Weltkrieg wurde die Tradition des Regiments dann in der Reichswehr von der 12. Kompanie des 12. Infanterie-Regiments übernommen.

Die ehemalige Kommandatur am grossen Markt, in der heute teilweise die Post untergebracht ist.


Das französische Tor um 1888

Devotionalien zum 100jährigen Regimentsjubiläum 1912