Die verschiedenen Anzugsarten
Da für die meisten Militärangehörige das Tragen der Uniform auch
ausserhalb der Kaserne verpflichtend war, ist es schnell einzusehen, dass die
einzelnen Ausrüstungsstücke nicht wahllos getragen werden durften.
Es wurde somit genau festgelegt, zu welchen Anlässen das Heer wie angezogen
zu erscheinen hatte. Hier eine Auflistung der einzelnen Anzugsarten am Beispiel
eines Portepeefähnrichs (Offiziersanwärter) im Zeitrahmen um 1890
des 4. Rheinischen Infanterieregiments Nr.30, dem VIII Armeekorps, 16.Div, 32.
Inf.Brigade angehörig:
Ausgehanzug
zum Urlaubsapell und wenn der Soldat seinen Ausgang antrat, wurden alle Bekleidungsstücke
auf Hochglanz gebracht. Der Ausgehanzug besteht aus Tuchmütze, Waffenrock
und Hose, Schnürschuhe, Koppel mit Troddel und Seitengewehr. Zum Ausgehanzug
wurden auch manchmal spezielle Ausgeh- und Eigentumsstücke getragen. Den
Manschaften waren auch weisse Handschuhe gestattet und später sogar die
Schirmmütze als Eigentumsstück.
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Paradeanzug
Der Paradeanzug besteht aus Helm mit heruntergelassenen Schuppenketten, bzw.
Kinnriemen und Haarbusch, wenn dem Regiment verliehen. Es wurde extra die I.
Garnitur des Waffenrocks inkl. aller Orden und Ehrenzeichen getragen. Die lange
weisse Tuchhose wurde nur im Sommer getragen. Von Oktober bis April wurde bei
Paraden die schwarze Tuchhose getragen, diese allerdings in die Stiefel gezogen.
Der Tornister wurde leer mitgeführt.
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Appellanzug
Kopfbedeckung ist grundsätzlich die Tuchmütze. Je nach Befehl wurde
statt im Waffenrock im Drillich oder der Litewka angetreten. Hiervon hängt
auch das Anlegen der Koppel ab. Ebenso wurden je nach dienstlichem Anlass entweder
Schnürschuhe oder Stiefel getragen und die Hose entsprechend in dieselben
gezogen. Anlässe können Revierreinigen, Soldausgabe, Putz-und Flickstunde,
Turnen oder auch das Biwak sein.
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Ordonanzanzug
Zum Ordonnanzanzug wurde immer der Helm getragen, der Waffenrock mit sämtlichen
Ehrenzeichen, Stiefel oder Schnürschuhe je nach Befehl und dazu Koppel
samt Seitengewehr und Troddel.
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Garnison-Wachanzug
Für die Bewachung der einzelnen militärischen Anlagen waren die darin
untergebrachten Truppen natürlich selbst verantwortlich. Zum Wachdienst
wurde Helm und Stiefel, sowie die Patronentaschen und Seitengewehr am Koppel
getragen. Der gepackte Tornister wurde auf dem Marsch zur Wachablösung
angelegt. Auf Posten oder im Wachlokal wurde er nicht getragen. Zu besonderen
Anlässen, wie dem Kaisergeburtstag konnte von diesen Bestimmungen abgewichen
werden und z.B. der Haarbusch getragen werden, sollte dieser dem Regiment verliehen
worden sein. Hier ist ein Gefreiter der 2. Komp. des oben angeführten Regiments
beim Wachdienst im regimentszugehörigen Wachhäuschen gezeigt
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Schiessanzug für die Vor- und die Hauptübung
Die Schiessübungen, die ein wichtiger Bestandteil der Ausbildung des Infanteristen
darstellten, waren gegliedert in mehrere Vorübungen und dann die Hauptübung.
Zu den Vorübungen wurde unter erleichterten Bedingungen den Soldaten die
Grundsätze der Schiesslehre beigebracht. Hierzu wurde die Tuchmütze,
Waffenrock, schwarze oder Drillichhose in den Stiefeln, die Patronentaschen
und Seitengewehr am Koppel nebst Troddel getragen. Zur Hauptübung hatte
der Infanterist dann Helm und den mit 4 kg beschwehrte Tornister mit gerolltem
Mantel und Kochgeschirr zu tragen.
Feldmarschmässiger Anzug
Der feldmarschmässige Anzug wurde nicht nur im Krieg, sondern auch bei
allen Übungen und Manövern befohlen. Es wurde nebst Waffenrock und
schwarzer Tuchhose, Helm, Patronentaschen, Seitengewehr, obligatorische Troddel
an der Koppel, dem Brotbeutel und Trinkflasche, eventuell Schanzzeug und in
dem gepackten Tornister noch Extrarationen an Munition oder Verpflegung mitgeführt.
Orden und Ehrenzeichen wurden bei dieser Anzugsart nicht getragen.
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Sturmanzug
Diese Anzugsart gleicht dem feldmarschmässigen Anzug, ausser dass der Tornister
wegfällt und das Kochgeschirr an der Mantelrolle hinten befestigt wurde.
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Anzug zu besonderen Anlässen
Zusätzlich zu diesen Anzugsarten gab es noch bei besonderen Gelegenheiten
spezielle Anzugsarten. Diese besonderen Gelegenheiten konnten beispielsweise
der Kirchgang, Gerichtsdienst oder spezielle Meldegänge sein.